Definitiv

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1998

Ich bin auch eine Bar

 

Ich bin auch eine Bar

Wer sich nach Mitternacht in der grössten Schweizer Stadt vergnügen will, findet dafür ein grosses Angebot. Denn neben den bewilligten Nachtlokalen gibt es stets zehn bis zwanzig Bars, Gay-Bars, Tanzlokale und sogar ein gut eingerichtetes Esslokal, die alle eigentlich nicht offen sein dürften. [...] Klagen über nächtlichen Lärm oder falsch parkierte Autos bringen Wirte und Polizei meist auf die Spur der Untergrundbeizen. Die Zahl der Strafanzeigen wegen Wirtens ohne Patent verdoppelte sich in Zürich innerhalb eines Jahres auf 100. Doch es ist gar nicht so leicht, den Beweis für illegales Wirten zu erbringen. «Wenn bei unserem Eintreffen die Kasse rechtzeitig verschwindet, stehen wir vor einer Ansammlung von Leuten, die es einfach nett haben miteinander», sagt Dora Weissberg, Chefin der Zürcher Wirtschaftspolizei, «und dann können wir nichts unternehmen.»
(Beat Suter, Schweizer Woche, 2.8.1994)

Raphael Huber, der Zürcher Chefbeamte, angeklagt im grössten Korruptionsprozess der Schweiz, ist das augenfälligste Beispiel dafür, wie sich solches Verbot freier Marktwirtschaft auswirken kann: Für einen staatlich ermöglichten Wettbewerbsvorteil, so die Anklage, liess sich Huber schmieren – 50'000 Franken beispielsweise verlangte er für eine Verlängerung der Öffnungszeit, 20'000 Franken war sein Tarif für ein Alkoholpatent. Hubers Nachfolger Urs Gürtler, Chef der Abteilung Wirtschaftswesen, setzt nun auf die Vorwärtsstrategie: «Das Gastgewerbegesetz eignet sich grossartig», sagt er, «um die vielgeforderte Deregulierung in die Tat umzusetzen.»
(Daniel Dunkel, Sabine Windlin, Facts, 29.6.1995)

Am 1.12.1996 sagen die Stimmberechtigen des Kantons mit 59.4% Ja zur Totalrevision des Gastgewerbegesetzes.
(Statistisches Amt des Kantons Zürich)

Am 31. Dezember 1996 waren in der ganzen Stadt insgesamt 1323 Verpflegungsbetriebe registriert, 111 davon gehörten zu Hotels. In 807 Lokalen konnte Alkohol konsumiert werden; 301 Lokale boten keinen Alkohol an, wie die «Zürcher Statistischen Nachrichten» mitteilten. Die übrigen waren etwa Imbissstände oder Kantinen. 81 Betriebe hielten als Nachtcafés ihre Türen auch spätnachts offen. Anfang 1998 trat das gelockerte Gastgewerbegesetz in Kraft. Und sofort setzte ein Beizenboom ein. Am 31. Dezember 1998 war die Anzahl Lokale mit Alkoholausschank auf 1156, jene der Nachtcafés auf 240 hinaufgeschnellt. Die Zahl der Lokale ohne Alkoholausschank war dagegen auf 73 zurückgegangen.
(Tages-Anzeiger, 8.2.2001)

«Die Liberalisierung hat der Stadt wichtige Impulse gegeben. Sie ist lebendiger, farbiger geworden. Kurz: weniger Zwingli. Das Gastroangebot ist heute breiter, man isst im Durchschnitt günstiger und oft auch besser als früher. In der Gastronomie braucht Zürich den Vergleich mit Metropolen wie Paris oder London nicht zu scheuen. Steuerlich bringen Gastrobetriebe der Stadt allerdings wenig.»
(Stadtpräsident Elmar Ledergerber im Tages-Anzeiger, 19.12.2007)

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